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5. Düsseldorfer Patentrechtstage 2005

CIP Patentrechtstage

Patente als strategische Unternehmenswerte

Von Dipl.Jur. Bernadette Papala, Wiss.HK. / Ass.Jur. Sascha Vander, Wiss.Mit.

Zum fünften Mal in Folge fanden in Düsseldorf die Patentrechtstage unter der Schirmherrschaft des Zentrums für Gewerblichen Rechtsschutz und des Carl Heymanns Verlags statt. Die Veranstaltung wurde unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Jan Busche, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Gewerblichen Rechtsschutz an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf sowie Direktor des Zentrums für Gewerblichen Rechtsschutz, im historischen Plenarsitzungssaal im Präsidentenschlösschen der Bezirksregierung am 3. und 4. März 2005 abgehalten. Die Vorträge und Diskussionen der rund 80 Teilnehmer aus der behördlichen, gerichtlichen, anwaltlichen und industriellen Praxis kreisten dieses Jahr um das Thema „Patente als strategische Unternehmenswerte“.

Die Vortragsreihe leitete Günther Schmalz, IP Director EMEA, SAP AG (Walldorf) ein. Mit seinem Thema „Geschäftsmethoden, Softwarepatente und computerimplementierte Erfindungen aus Sicht eines global operierenden Unternehmens“ berührte der Referent eines der aktuellsten Themen des Patentrechts: Die Frage nach der Patentierbarkeit von computerimplementierten Erfindungen. Nach einer kurzen Einführung in den Begriffswirrwarr der Thematik gab Herr Schmalz die rechtliche und tatsächliche Lage in den USA sowie in der EU wieder. Er stellte die Arbeitshypothese auf, dass die Umsetzung einer Geschäftsmethode in ein Computerprogramm eine Erfindung sein könnte, und zeigte dann die Arbeitsweise seines Unternehmens auf. Abschließend arbeitete Herr Schmalz das technische Moment der Softwareentwicklung heraus und beendete seinen Vortrag mit einem Plädoyer für die Patentierbarkeit von computerimplementierten Erfindungen. Dabei ging er auch auf die Kritik der Gegner dieser Patentierungsmöglichkeit ein und konzedierte, dass angesichts des erlaubten Zugriffs auf Open-Source-Produkte die Patentierung computerimplementierter Erfindungen die Wahrscheinlichkeit einer Patentverletzung steigere. Für die Patentierbarkeit sprächen aber u.a. das Spannungsverhältnis zwischen Offenlegung und Betriebsgeheimnissen, die Standardisierung von Verfahren sowie der Schutz vor Wettbewerbsverzerrungen – schließlich ließe sich mit dem Instrument der Patentierung einer „race to the bottom“ Entwicklung angesichts der bestehenden Potentiale in den Schwellenländern entgegensteuern. Im Anschluss fand – wie nach jedem Vortrag – eine kurze Aussprache statt.

Mit dem Thema „Patente und Basel II“ setzten sich Andreas Wagner, PWC Deutsche Revision AG (Düsseldorf), und Bernd Zugenbühler, Dresdner Bank AG (Frankfurt), auseinander. Herr Wagner stellte zunächst klar, dass weder in den aktuellen (Basel I) noch in den zukünftigen bankaufsichtlichen Normen (Basel II) Patente explizit erwähnt werden. Dennoch könnten Patente bei der Kreditrisikoermittlung Berücksichtigung finden: Für die Berechnung des Kreditrisikos seien der Kreditbetrag, der sich aus einer Differenz zwischen Kreditvaluta und Sicherheiten zusammensetzt, sowie das Bonitätsgewicht entscheidend. Im Rahmen des Standardansatzes werden Patente zwar nicht als Sicherheiten berücksichtigt. Dies gilt auch für die bankenaufsichtlich vorgegebenen pauschalen Bonitätsgewichte (die meisten Unternehmen, insbesondere KMU, werden als „unrated“ eingestuft, das Bonitätsgewicht beträgt dann 100%). Ein in den Augen der externen Ratingagentur für werthaltig befundenes Patent könne aber zu einer Verbesserung der Ratingquote führen. Ein anderer Ansatz, der sog. IRB oder Interner Rating Ansatz, ermöglicht es den Banken, interne Ratings anstelle der pauschalen Vorgaben der Bankenaufsicht für die Bonitätsgewichtung zu verwenden. Bedeutsam sind hier die Ausfallwahrscheinlichkeit (PD) und die erwartete Verlustquote (LG). Laut Herrn Wagner besteht nun die theoretische Möglichkeit der Berücksichtigung von Patenten als aussagekräftige Faktoren im internen Ratingverfahren sowie einer Reduzierung der Eigenmittelunterlegung durch Berücksichtigung von Patenten als Kreditsicherheit im (Basel II) Fortgeschrittenen IRB-Ansatz (nicht hingegen im Basel II Basis-IRB-Ansatz). Die anschließende Diskussion verdeutlichte allerdings, dass unabhängig vom gewählten Ansatz eine große Hürde bei der Berücksichtigung von Patenten im Rahmen der Kreditrisikoermittlung besteht. Es handelt sich um die Darlegung der Werthaltigkeit des jeweiligen Patents.

Herr Zugenbühler beschäftigte sich sodann mit der Frage der Implementierung von Rating-Systematiken und risiko-differenziertem Pricing. Er ging zunächst allgemein auf das Rating ein und schilderte die Herangehensweise seines Kreditunternehmens. Als diejenigen Bonitätskriterien, die in das Rating einfließen und für die das Bestehen etwaiger Patente eines kreditsuchenden Unternehmens Bedeutung erlangt, nannte Herr Zugenbühler das Tätigkeitsgebiet / die Brancheneinschätzung (Patente als Hinweis auf Innovationshäufigkeit), die Marktbedingungen / die Wettbewerbsposition und die Finanzlage. Der Referent ging im Folgenden auf die einzelnen Faktoren für die Kreditrisikoermittlung bzw. die Berechnung der Standardausfallkosten ein. Zusammenfassend stellte er fest, dass für die Kreditvergabe in nicht unerheblichem Maße „weiche“ Faktoren ausschlaggebend seien. Die Angabe von Patenten spiele dabei ebenfalls eine Rolle.

Im dritten Vortrag des Tages beschäftigte sich Dr. Alexander Wurzer, Geschäftsführer der PATEV GmbH (München), mit dem Thema „Portfoliomanagement und Patentverwertung“. Einen Schwerpunkt des Vortrags bildeten die Probleme im Zusammenhang mit der Bewertung von Patenten als immateriellen Unternehmenswerten. Dr. Wurzer betonte zu Beginn seines Vortrags, dass die Festlegung eines objektiven Wertes für Patente nicht möglich sei. Dieser hinge vielmehr von unterschiedlichsten Faktoren ab, die vielfach nicht im Patent selbst begründet, sondern in hohem Maße von externen Gesichtspunkten (Umfeld des Unternehmens, Bewertungsanlass, Patentportfolio, etc.) bestimmt seien. Der Referent erläuterte zunächst die Grundlagen und die Entstehung der Portfolio-Konzepte und gab einen Überblick über die Entwicklung der Portfolio-Analysen von Marktanteils- bzw. Branchenattraktivitäts-Portfolios aus den 70er Jahren bis hin zu aktuellen wertorientierten Patentportfolios, die den Patentwert aus Sicht des Inhabers als Differenz der Profite im Falle der Inhaberschaft des Patents und eines alternativen Szenarios begreifen. Das wesentliche Ziel des wertorientierten Patentportfolios besteht in der Optimierung des Patentportfolios, dessen Grundlage in einer Analyse der Relation von relativen Kosten zum betriebswirtschaftlichen Nutzen einzelner Patente bzw. Patententwicklungen zu sehen ist. Maßgebliche Faktoren beim wertorientierten Patentportfolio bilden darüber hinaus die Unternehmens- und Marktrelevanz von Patenten. Die Patentverwertung bildet in der Praxis nach Ansicht von Dr. Wurzer ein besonders sensibles Feld, da die Ermittlung potentieller Lizenznehmer sowie Lizenzgeber vielfach die Kenntnis detaillierter Betriebsinterna voraussetze. Insbesondere die mangelhafte Transparenz, die vorzunehmende Abwägung zwischen dem Verkauf von Patenten und dem Kauf von Technologie sowie psychologische Barrieren bildeten in der Praxis die Haupthemmnisse. Dr. Wurzer betonte allerdings auch die Chancen einer effektiven Patentverwertung und nannte insbesondere die Erzielung von Lizenzeinnahmen, den Aufbau strategischer Partnerschaften sowie die Möglichkeit einer wettbewerbsneutralen Lizenzierung.

Anschließend referierte VorsRiBPatG Dr. Volker Winterfeldt, Bundespatentgericht (München), über die „Aktuelle Entscheidungspraxis des BPatG“. Er unternahm einen vielschichtigen Streifzug durch die Entscheidungspraxis seines Gerichts. Unter anderem ging er im Zusammenhang mit der Frage des Standes der Technik auf die Problematik der öffentlichen Zugänglichkeit insbesondere von einschlägigen Dissertationen ein. Dr. Winterfeldt sprach die Empfehlung aus, entsprechende Werke im Original einzusehen, um den tatsächlichen Zeitpunkt öffentlicher Zugänglichkeit ermitteln zu können. Daneben stellte er Entscheidungen zur Frage der Ausführbarkeit sowie der technischen Brauchbarkeit von Erfindungen vor. Einen Schwerpunkt des Vortags nahmen Fragen unzulässiger Erweiterungen von Patentansprüchen ein. In diesem Rahmen wies Dr. Winterfeldt zur Vermeidung unzulässiger Erweiterungen auf die Möglichkeiten sog. Disclaimer hin. Im Zusammenhang mit Entscheidungen zum Einspruchsverfahren erörterte er praxisrelevante Fragen, die vor allem um die Einspruchsgebühr kreisten. Zudem streifte der Referent zahlreiche Entscheidungen mit verfahrensrechtlichem Schwerpunkt, wobei neben verfahrensrechtlichen Fragen der gerichtlichen Praxis auch solche Berücksichtigung fanden, die das Prozedere vor dem DPMA betreffen. Insgesamt vermittelte der Vortrag einen guten Überblick und sprach insbesondere die für die praktische (Anwalts-)Tätigkeit maßgeblichen Gesichtspunkte an. Den ersten Vortragstag rundeten zwei Workshops zu Patenten in der Unternehmenspraxis ab.

Im ersten Workshop unter der Leitung von RA Dr. Christian Osterrieth, Reimann Osterrieth Köhler Haft (Düsseldorf), RA Christian Klawitter, Freshfields Bruckhaus Deringer (Hamburg), und PA Dr. Klaus Dieter Langfinger, BASF AG (Ludwigshafen), wurde das Thema „Lizenzverträge und das neue Kartellrecht – Wird der Technologietransfer behindert oder gefördert? Praktische Probleme der TTGVO und der Leitlinien“ behandelt. Dr. Osterrieth führte mit einem Rückblick auf die Geschichte der TTGVO in die Thematik ein und zeichnete die Entwicklung im Bereich des Technologietransfers nach. In diesem Rahmen hob er den mit der Einführung der neuen TTGVO verbundenen Paradigmenwechsel vom Kartellverbot mit Erlaubnisvorbehalt zum Prinzip der Legalausnahme hervor.

Im Anschluss erläuterte Herr Klawitter die Grundzüge der neuen TTGVO (Anwendungsbereich, Marktanteilsschwellen, Kernbeschränkungen sowie nicht freigestellte Klauseln) und legte einen Schwerpunkt auf das Verhältnis der Freistellungsmöglichkeiten nach der Freistellungsverordnung sowie den allgemeinen Regelungen gemäß Art. 81 EG. Er betonte, dass die Frage einer zulässigen Vereinbarung im Bereich des Technologietransfers zwar in erster Linie durch die Gruppenfreistellungsverordnung bestimmt werde (save harbour), hob jedoch gleichfalls hervor, dass auch bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen der TTGVO die allgemeine Freistellung gemäß Art. 81 EG in Betracht komme. In diesem Zusammenhang ging er auch auf die umfangreichen Leitlinien der TTGVO ein, die sich nur in ihrem ersten Teil auf die TTGVO beziehen und deren zweiter Teil Auslegungskriterien für die allgemeine Freistellung gemäß Art. 81 EG enthält.

Dr. Langfinger brachte im Anschluss einige problematische Aspekte der neuen Gruppenfreistellungsverordnung zur Sprache und sparte – wie bereits der Arbeitstitel des Vortrags „Die neue GFVO-TT – Anspruch und Wirklichkeit“ vermuten ließ – nicht mit Kritik. So wies er insbesondere auf die Problematik der nach der TTGVO erforderlichen Selbsteinschätzung hin. Erhebliche Bedenken äußerte Dr. Langfinger zudem im Hinblick auf die Regeln mit Bezug auf Marktanteilsschwellen, vor allem da diese in der Praxis zum Teil schwierig zu bestimmen seien und einer steten Dynamik unterlägen. Besonders problematisch sei zudem die Situation für Altverträge, die spätestens ab dem 01.04.2006 der neuen TTGVO entsprechen müssen. Dr. Osterrieth fasste zum Ende des Workshops die wesentlichen Aspekte für das gesamte Auditorium nochmals zusammen und schloss mit einem Ausblick.

Der zweite Workshop befasste sich mit der „Formulierung von Chemie- und Pharmapatenten“. Unter der Leitung von PA Dr. Hans-Wilhelm Meyers, von Kreisler Selting Werner (Köln) und Dr. Bernd Fabry, Cognis Deutschland GmbH & Co. KG (Düsseldorf), beschäftige sich ein Teilnehmerkreis mit der Problematik der Anspruchsformulierung. Dr. Meyers führte zunächst in die Problematik ein und nahm insbesondere auf die für den Biotech-Bereich bedeutsame Richtlinie 98/44/EG Bezug. In diesem Rahmen wurden die wesentlichen Unterschiede bei der Umsetzung der Richtlinie auf europäischer und nationaler Ebene herausgearbeitet. Aufgrund des überschaubaren Teilnehmerkreises entwickelte sich im Verlaufe des sich anschließenden Vortrags von Dr. Fabry rasch eine intensive Diskussion, die durch provokante Thesen des Vortragenden initiiert wurde und in deren Verlauf die Risiken und Möglichkeiten bei der Abfassung von Patentansprüchen aus unterschiedlichsten Blickwinkeln beleuchtet wurden. Schwerpunkte der Diskussion bildeten die Fragen, ob sich Patentansprüche nur auf Grundlage fundierter experimenteller Ergebnisse sinnvoll formulieren lassen und in welchem Umfang vor der Formulierung eines Anspruchs der Stand der Technik zu eruieren ist. Ein weiterer heftig diskutierter Aspekt betraf die Weite des zu formulierenden Anspruchs.

Die Teilnehmer des Workshops erarbeiteten ein ausführliches Thesenpapier, welches im Anschluss an den Workshop dem gesamten Auditorium durch Dr. Meyers und Dr. Fabry vorgestellt und erläutert wurde. Nach der Vorstellung der Workshopergebnisse wurden die Diskussionen bei einem gemeinsamen Abendessen fortgesetzt.

Den zweiten Veranstaltungstag leitete RiBGH a.D. Prof. Dr. Bernhard Jestaedt mit seinem Vortrag „Aktuelle Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Patentsachen“ ein. Nach einer kurzen Darstellung der Jahresstatistik 2004 des Gerichts befasste sich Prof. Dr. Jestaedt mit der Frage der Bindung des Revisionsgerichts an Feststellungen des Berufungsgerichts im Patentverletzungsverfahren. Nach Erörterung einschlägiger aktueller Entscheidungen des BGH kam er zu dem Ergebnis, dass eine Bindung des Revisionsgerichts im Hinblick auf die Auslegung eines Patentanspruchs durch den Tatrichter nur insoweit in Betracht komme, als der Tatrichter sich mit konkreten tatsächlichen Umständen befasst hat, die für die Auslegung von Bedeutung sein könnten. Im zweiten Komplex seines Vortrags erörterte Prof. Dr. Jestaedt die Frage der Patentverletzung durch Austausch von Teilen einer patentierten Vorrichtung. Von zentralem Interesse ist hier die Abgrenzung zwischen der Instandsetzung einer erworbenen, durch ein Vorrichtungspatent geschützten Vorrichtung und einer Neuherstellung dieser. Der Referent wies auf die „Flügelradzähler“-Entscheidung (GRUR 2004, 758) und eine zweistufige Prüfung zur Ermittlung der mittelbaren Patentverletzung hin: Es müsse zunächst ein Mittel i.S. des § 10 PatG vorliegen. Für die Abgrenzung zwischen Instandsetzung und Neuherstellung sei die Eigenart des Gegenstandes zu berücksichtigen und eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen. Letzteren Punkt und damit die Entscheidung selbst stellte Prof. Dr. Jestaedt aber in Frage. Die Rechtssicherheit stände der Berücksichtigung subjektiver Interessen bei der Abgrenzung des absoluten Rechts Patent entgegen. Der Referent befasste sich außerdem mit dem Thema der beschränkten Verteidigung des Streitpatents im Nichtigkeitsverfahren. Unter Hinweis auf die Entscheidung „elektronisches Modul“ (GRUR 2005, 145) stellte er fest, dass ein Gegenstand, der durch das erteilte Patent zwar offenbart, von diesem aber nicht geschützt ist, im Patentnichtigkeitsverfahren nicht nachträglich in das Patent einbezogen und unter Schutz gestellt werden kann. Zum Schluss ging Prof. Dr. Jestaedt auf die Fragen des Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses im Nichtigkeitsverfahren nach Ablauf des Streitpatents sowie der Behandlung von sachlichen Fehlern in der Revisionsinstanz (Verpflichtung zur Korrektur und damit Möglichkeit einer Gegenvorstellung innerhalb einer zweiwöchigen Frist – „Kosmetisches Sonnenschutzmittel II“, GRUR 2004, 1061) ein.

Es folgte der Vortrag des MinDir Raimund Lutz, BMJ (Berlin), zum Thema „Aktuelle Gesetzvorhaben auf dem Gebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes – insbesondere Software- und Biopatente“. Der Referent ging zunächst auf die Umsetzung der EU-Biopatentrichtlinie ins nationale Recht ein. Sodann wandte sich Herr Lutz dem Pharma-Bereich zu und machte u.a. auf den Beschluss des Allgemeinen Rates der WTO vom 30.08.2003 über die Erklärung der Ministerkonferenz von Doha (2001) betreffend den Bereich der öffentlichen Gesundheit und den Zugang zu Arzneimitteln aufmerksam sowie auf den entsprechenden Verordnungsvorschlag der EU-Kommission zu dessen Umsetzung (KOM (2004) 737). Der genannte Beschluss erlaubt die Vergabe von Zwangslizenzen an Unternehmen, die Generika herstellen können, welche für den Export in Entwicklungsländer bestimmt sind. Die angestrebte EU-Verordnung soll die Vergabebedingungen für Zwangslizenzen innerhalb der Europäischen Union harmonisieren, Wettbewerbsverzerrungen vermeiden und verhindern, dass Arzneimittel, die unter Zwangslizenzen hergestellt werden, wieder in die EU eingeführt werden. Nach Einschätzung von Herrn Lutz ist mit ihrem Erlass in diesem Jahr zu rechnen. Weiterhin sprach der Referent die Zuständigkeitsverschiebung in Nichtigkeitssachen an. Im laufenden Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des Patentgesetzes sei eine Änderung der Berufungszuständigkeit in Nichtigkeitssachen angesprochen worden. Dieser Vorschlag sei allerdings durchgehend auf Ablehnung gestoßen und werde nun nicht weiter verfolgt. Der Referent stellte anschließend im Hinblick auf ein etwaiges Gemeinschaftspatent fest, dass mit einer Regelung in der nächsten Zeit nicht zu rechnen sei. Er sprach ebenfalls das Problem des Designschutzes für Ersatzteile an. Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 98/71/EG über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen vorgelegt (KOM (2004) 582), mit dem sie eine Liberalisierung des Schutzes anstrebt. Diesem Ansinnen tritt Deutschland nach Angaben von Herrn Lutz entgegen, unter Umständen sei ein verkürzter Schutz von z.B. 10 Jahren zu erwägen. Weiterhin befasste sich der Referent mit der Frage nach der Patentierbarkeit von computerimplementierten Erfindungen und wies auf das laufende Mitentscheidungsverfahren auf EU-Ebene hin. Er stellte einen möglichen Gemeinsamen Standpunkt des Rates der Europäischen Union im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie zum 7. März in Aussicht – was tatsächlich eingetreten ist (Ratsdokument vom 18.11.2004, Nr. 11979/04). Die Kommission hat am 9. März das Europäische Parlament über ihren Standpunkt unterrichtet (KOM (2005) 83). Nun steht die 2. Lesung im Europäischen Parlament an. Wie das Verfahren ausgehen wird, sei ungewiss, mit einer etwaigen schnellen Umsetzung ins nationale Recht sei aber nicht zu rechnen.

Prof. Dr. Dieter Stauder, Europäisches Patentamt (München), trug danach zum Thema „Aktuelle Entscheidungspraxis des EPA“ vor. In seinem sehr lebhaften und anschaulichen Vortragsstil präsentierte der Referent zahlreiche EPA-Entscheidungen und wies auf ihre Kernaussagen hin. Prof. Dr. Stauder wandte sich zunächst dem materiellen Recht zu und griff die Frage nach der Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen auf (T 258/03 – 3.5.1 vom 21.04.2004 – Auktionsverfahren). Seiner Ansicht nach werde hierbei der Begriff der Technik wohl zentral bleiben. Unter den nächsten Entscheidungen zum materiellen Recht erregte insbesondere diejenige mit Bezug zu Disclaimern rege Aufmerksamkeit in der Zuhörerschaft und löste im Anschluss an den Vortrag eine lebhafte Diskussion aus. Prof. Dr. Stauder wandte sich aber auch dem formellen Recht zu und stellte viele Entscheidungen zu unterschiedlichen Themenkomplexen vor (Bsp.: Anmeldung; Beitritt im Beschwerdeverfahren; Fristen; Vertrauensschutz). In seinem Vortrag ging er oft auf typische Fragestellungen von Patentanwälten ein.

Der nächste Vortrag, gehalten von VorsRiLG Dr. Thomas Kühnen, Landgericht Düsseldorf, trug den Titel „Die aktuelle Rechtsprechung der Düsseldorfer Gerichte zum Patentverletzungsverfahren“. Dr. Kühnen setzte sich zunächst mit der mittelbaren Patentverletzung auseinander. Er stellte die objektiven und subjektiven Voraussetzungen dar und wandte sich dann einzelnen Punkten zu, namentlich der Offensichtlichkeit aufgrund der Umstände, dem Verwendungspatent und dem unmittelbaren Verfahrenserzeugnis. Dabei besprach er jeweils einschlägige Entscheidungen des Landgerichts Düsseldorf. In gleicher Weise verfuhr er in seinem zweiten Komplex „Vorgerichtliches“, in dem er die Notwendigkeit einer Abmahnung und die Ernstlichkeit der Unterlassungserklärung behandelte. Es folgten Ausführungen zur Negativauskunft, zum einstweiligen Verfügungsverfahren, zu § 34 GWB a.F. sowie zum Schadensersatz. Im Zusammenhang mit dem Schadensersatz beleuchtete Dr. Kühnen die Gesamtschuld bei der Patentverletzung und die Lizenzanalogie. Wie bereits zuvor stellte er jeweils einschlägige Entscheidungen des Landgerichts Düsseldorf vor.

Zum Abschluss der Patentrechtstage sprach Dr. Christian Saller, Target Partners GmbH (München), über „Die Patentierung neuer Technologien aus Sicht eines Venture Capitalisten“. Er beschrieb zunächst die Funktionsweise von Venture Capital als Finanzierungsform, zeigte die typische Struktur eines Venture Capital Fonds auf und ging auf die Rendite-Erwartungen an diese ein. Zudem erläuterte er anhand eines Beispiels eine „VC Deal Struktur“. Patente seien laut Dr. Saller wichtig als Indikatoren für die Stärke der Technologie und als Eintrittsbarriere für Wettbewerber. Ihre Bedeutung hinge aber von der jeweiligen Branche ab. In der anschließenden Diskussion kristallisierte sich außerdem der Zeithorizont eines Venture Capitalisten heraus: ca. sieben Jahre. Die Bedeutung des Patents ist damit an diese Zeitspanne gebunden. Im Portfolio seines Unternehmens, so Dr. Saller, hätten bei der angegebenen Anzahl von Investments etwa die Hälfte der unterstützten Firmen für die Investition sehr wichtige Patente gehabt. Der Referent ging außerdem auf Anforderungen eines Venture Capitalisten an Patentanwälte ein, die das Investment eines Unternehmens anstrebten. Abschließend beschrieb er die Bedeutung von Patenten nach der Investitionsentscheidung (Umgang mit Wettbewerbern, Einsatz als immaterieller Vermögensgegenstand, beim Exit am Ende des VC Deals). Die 5. Düsseldorfer Patentrechtstage wurden mit einer lebhaften Diskussion beendet.

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Materialien
<media 29918 - - "APPLIKATION, patentrechtstage 2005, patentrechtstage_2005.pdf, 182 KB">Informationsbroschüre der Düsseldorfer Patentrechtstage 2005</media>

Veranstaltungsdetails

Beginn: 03.03.2005, 09:00 Uhr
Ende: 04.03.2005, 19:00 Uhr
Zentrum für Gewerblichen Rechtsschutz, im Rahmen der DLS
Ort: Präsidentenschlösschen, Regierungspräsidium Düsseldorf
Verantwortlichkeit: