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Werkstattgespräche: Neuere Rechtsprechung zum Internetrecht

CIP Werkstattgespräche

Referent: RA Dr. Wolfgang Kellenter, LLM, Rechtsanwälte Hengeler Mueller, Düsseldorf
 

von Sascha Vander, Wiss. Mit.

Herr Dr. Kellenter berichtete über maßgebliche und aktuelle Entscheidungen im Bereich des Internetrechts. Eine Zusammenstellung wichtiger und aktueller Entscheidungen in diesem Bereich ist am Ende des Berichts abrufbar.

Zum Einstieg des Vortrags stellte Herr Dr. Kellenter klar, dass es ein „Internetrecht“ im eigentlichen Sinne kaum gebe. Bis auf wenige Ausnahmevorschriften (etwa § 11 TDG) seien Spezialvorschriften für das Internet kaum vorhanden. Insoweit gehe es beim „Internetrecht“ weniger um die Anwendung spezieller Rechtsmaterie als vielmehr um die Anwendung allgemeinen Rechts auf Internetsachverhalte.

Als wesentlichen Hintergrund für die vielfältigen Probleme, die sich bei der rechtlichen Beurteilung von Internetsachverhalten ergeben, stellte Herr Dr. Kellenter insbesondere den Umstand heraus, dass die Inhalte weltweit abrufbar seien. Diese umfassende und weitreichende Verfügbarkeit der jeweiligen Datenbestände böte zwar auf der einen Seite Vorteile (größter Marktplatz der Welt), auf der anderen Seite entstünden jedoch gerade durch die unbeschränkte Zugriffsmöglichkeit und weltweite Verfügbarkeit von Internet-Seiten und deren Inhalten rechtliche Probleme.

Herr Dr. Kellenter legte einen Schwerpunkt auf die Bereiche Markenrecht, Wettbewerbsrecht, Online-Auktionen, Urheberrecht und beschäftigte sich abschließend noch kurz mit der Internationalität des Internets und den hieraus erwachsenden Fragestellungen.

I. Markenrecht
Einen wesentlichen Teil des Vortrags nahm die Darstellung wichtiger markenrechtlicher Entscheidungen ein, die sich in die Bereiche Domainrecht sowie sonstige Markenverletzungen im Internet unterteilte.

1. Domainrecht
Im Bereich des Domainrechts nahm das Recht der Gleichnamigen einen Schwerpunkt ein. Hier verwies Herr Dr. Kellenter auf die schon älteren, aber wichtigen Entscheidungen „Shell.de“ sowie „krupp.de“, in denen der Prioritätsgrundsatz hinsichtlich des Rechts an einer Domain für den Ausnahmefall ausgeschlossen wurde, dass die Interessen eines berühmten Namens überwiegen. Vorgestellt wurden unter anderem auch die Entscheidung „maxem.de“, die sich mit der Schutzfähigkeit von Pseudonymen beschäftigt, sowie die Entscheidung „versicherungsrecht.de“, in der trotz mangelnder Schutzfähigkeit wegen beschreibender Natur eine Schutzfähigkeit wegen Verkehrsgeltung hergeleitet wurde.

Besonderer Aufmerksamkeit wurde auch der Frage nach einem Übertragungsanspruch bei Markenverletzungen durch Domains gewidmet. Herr Dr. Kellenter betonte, dass nach geltendem Recht kein Übertragungsanspruch bestehe und ein Antrag auf Zuteilung der Domain bei der DENIC zu stellen sei. Zur Wahrung der Interessen Betroffener sei jedoch „rangwahrend“ ein sog. Dispute-Eintrag bei der DENIC möglich.

Abschließend wurde noch kurz auf die Möglichkeiten der Haftung der DENIC für Markenverletzungen eingegangen, die jedoch nur ganz ausnahmsweise in engen Grenzen in Betracht komme.

2. Sonstige Markenrechtsverletzungen
Nach Beleuchtung des Domainrechts erfolgte eine Beschäftigung mit sonstigen Fällen von Markenverletzungen im Internet.

Von besonderem Interesse war hier die Reichweite der Haftungsprivilegierung des § 11 TDG. Während die Rechsprechung die Haftungsprivilegierung bislang recht großzügig angewendet hat, weitete der BGH in einer Entscheidung vom 11.03.2004 (I ZR 304/01) die Haftung deutlich aus, indem das Gericht die Störerhaftung eines Internetauktionshauses grundsätzlich bejahte und die Haftungsprivilegierung des § 11 TDG lediglich auf Schadensersatzansprüche begrenzte. Eingeschränkt wurde die Störerhaftung jedoch insoweit, dass eine zumutbare Kontrollmöglichkeit bestehen müsse. Wie streng dieses Kriterium gehandhabt wird, ist nach Ansicht von Herrn Dr. Kellenter aktuell nicht absehbar, so dass die weitere Rechtsentwicklung abzuwarten bleibe.

Gegenstand des Vortrages bildeten auch Fragen von Markenverletzungen durch Fan- bzw. Kritiker-Websites. In der Regel seien in diesen Fällen keine markenrechtlichen Verletzungen zu beklagen, da es regelmäßig am Handeln im geschäftlichen Verkehr, dem kennzeichenmäßigen Gebrauch sowie der Namensleugnung bzw. –anmaßung fehle.

Der markenrechtliche Teil des Vortrages endete mit aktuellen Fragen der markenrechtlichen Beurteilung von Meta-Tags (nicht sichtbare Schlüsselwörter einer Website, die an Suchmaschinen übermittelt werden und zur vorrangigen Anzeige einer bestimmten Seite bei Eingabe der Metatags in die Suchmaschine führen) und dem Key-Advertising (bei dem Suchdienst gebuchte Werbung, die erscheint, wenn ein Dritter bestimmte Suchbegriffe eingibt). Im Ergebnis lassen sich einschlägige Fälle weniger mit marken-, als mit wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen lösen.

II. Wettbewerbsrecht
Einen wichtigen Teil des Vortrags nahmen die Ausführungen zum Wettbewerbsrecht ein. In diesem Rahmen untersuchte Herr Dr. Kellenter unter Heranziehung einschlägiger Urteile ein breites Spektrum möglicher Problemfälle von Cybersquatting, Gattungsbegriffen als Domains, Exit-Pop-up-Fenstern, Mousetrapping, (deep) Linking, Framing bis hin zu Webwashern und Spam.

Herr Dr. Kellenter stellte einschlägige Entscheidungen vor und verdeutlichte insbesondere am Beispiel der Gattungsbegriffe an Domains die im Internetrecht zum Teil herrschende Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung.

III. Urheberrecht
Der Vortrag unternahm auch einen kleinen Ausflug in den Bereich des Urheberrechts. In diesem Zusammenhang wurden unter Anderem urheberrechtliche Probleme von Hyperlinks, elektronischen Pressespielgeln, sog. Abstracts (Zusammenfassungen von Werken) und Internetinformationsdiensten vorgestellt.

IV. Online-Auktionen
Im vierten Teil seines Vortrages legte Herr Dr. Kellenter Augenmerk auf den Bereich der Online-Auktionen. Neben grundsätzlichen Fragen, wie etwa der Gewerbepflicht, wurde ein Schwerpunkt auf Spezialfragen, rings um dieses Geschäftsmodell gelegt. So wurden die Problematik von Sniper-Software, das Prinzip der umgekehrten Versteigerungen sowie das Powershopping untersucht. Hinsichtlich des Powershoppings prognostizierte Herr Dr. Kellenter die Aufhebung einer Entscheidung des OLG Köln, welches dieses Geschäftsmodell als wettbewerbswidrig angesehen hatte. Nach Ansicht des Vortragenden bestehe keine Veranlassung, die Bildung von Käufergemeinschaften in den Bereich der Wettbewerbswidrigkeit zu ziehen.

V. Internationales
Abschließend beschäftigte sich Herr Dr. Kellenter mit der Internationalität des Internets. Im Zentrum dieser Ausführungen standen Fragen nach der Anwendbarkeit materiellen Rechts sowie der Anwendbarkeit des Gerichtsstandes. Insgesamt stand Herr Dr. Kellenter solchen Stimmen in Literatur und Rechtsprechung eher kritisch gegenüber, die eine zu weite Anwendung des deutschen Rechts (auch) auf ausländische Sachverhalte befürworten, und sprach sich für die Notwendigkeit der Berücksichtigung des sog. Inlandsbezugs aus.

VI. Resumee
Insgesamt bot der Vortrag einen guten Überblick über die maßgebliche Rechtsprechung zum Internetrecht, wobei aufgrund der Fülle von Entscheidungen in diesem Bereich selbstredend nur ein kleiner Ausschnitt interessanter Entscheidungen beleuchtet werden konnte

Anhang: <media 29843>Rechtsprechungsübersicht Internetrecht</media>

Veranstaltungsdetails

14.07.2004, 18:00 Uhr - 20:00 Uhr
Ort: Schloss Mickeln, Blauer Salon
Verantwortlichkeit: