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Werkstattgespräch: Verträge im Technologietransfer - und gelebte Praxis

CIP Werkstattgespräche

Verträge im Technologietransfer - und gelebte Praxis

Referent: Dr. Jürgen Walkenhorst, PROvendis GmbH

Mit der Novellierung des § 42 ArbNErfG, welche mit Gesetz vom 18.1.2002 (BGBl I vom 24.1.02, 414) am 7. Februar 2002 in Kraft trat, änderten sich die Rahmenbedingungen des Erfindungs- und Patentwesens im Hochschulbereich erheblich. Insbesondere wurde das „Hochschullehrerprivileg“ abgeschafft.

Mit seinem Vortrag umriss Dr. Jürgen Walkenhorst seine Tätigkeit bei Provendis, einer Patentverwertungsagentur, und gab einen umfassenden Überblick über typische Vertragsarten im Bereich des Technologietransfers.

Einleitend ging Dr. Jürgen Walkenhorst auf die Änderungen des § 42 ArbNErfG ein, welcher grundsätzlich den Umgang mit Hochschulerfindungen regelt. Das mit dieser Gesetzesnovellierung abgeschaffte Hochschullehrerprivileg gestattete ursprünglich Hochschulbeschäftigten und damit Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeitern, Erfindungen, die diese im Zusammenhang ihres Beschäftigungsverhältnisses gemacht haben, als freie Erfindungen selbst zu verwerten.

Seit der Änderung gelten nun auch für Hochschulbeschäftigte dieselben Regelungen wie für Arbeitnehmer, abgesehen von den in § 42 ArbNErfG festgeschriebenen Ausnahmen. Demnach steht z.B. dem Hochschulbeschäftigten, anders als dem Arbeitnehmer, aufgrund der „negativen Publikationsfreiheit“ das Recht zu, seine Erfindung gegenüber seinem Dienstherrn geheim zu halten, wenn er keine Veröffentlichung wünscht.

Darüberhinaus ist in dieser Vorschrift festgelegt, dass die Arbeitnehmer an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Falle der Verwertung durch die Hochschule mit 30 % an den durch die Verwertung erzielten Einnahmen beteiligt werden. Hierdurch wird der Hochschulbeschäftigte als Hochschulerfinder besser gestellt als der Diensterfinder. Dies geht insbesondere zu Lasten der Hochschule, weil die Patentierungskosten, die von dieser getragen werden müssen, nicht vom Erlös bei der Vergütungsberechnung abgezogen werden.

Aufgrund der Tatsache, dass seit der Gesetzesnovellierung die Hochschulen die Verantwortung dafür tragen, in ihrem Rahmen entstandene Erfindungen zu verwerten, aber diese Aufgabe allein nicht bewältigen können, entstand vor 10 Jahren die Patentverwertungsgesellschaft Provendis. Diese ist dafür zuständig den Technologietransfer zwischen Hochschule und Wirtschaft zu ermöglichen, auszubauen  und zu verbessern. Provendis, an der die Hochschulen des Landes NRW als Gesellschafter beteiligt sind, ist die zentrale Patentverwertungsagentur des Landes NRW und betreut ca. 20.000 Wissenschaftler in 27 Hochschulen und 3 Forschungsreinrichtungen. Damit ist sie eine der größten Agenturen in diesem Bereich in Deutschland und Europa.

Den typischen Ablauf eines Technologietransfers schilderte Dr. Jürgen Walkenhorst in vier Phasen. Nach der ersten Phase, der Erfindungsmeldung an der Hochschule, wird diese an Provendis weitergeleitet. Dort wird die Erfindung zusammen mit Patentanwälten bewertet und eine Marktanalyse durchgeführt (zweite Phase). Darauffolgend kümmert sich Provendis, bei positivem Ausgang der zweiten Phase, um die Patentierung und betreibt im Anschluss daran die Verwertung der Erfindung durch Firmenakquise. Innerhalb dieser Verwertungsphase muss insbesondere auf Drittmittel, Förderprogramme und EU-Mittel geachtet werden.

Im Rahmen der Verwertungsaktivitäten werden regelmäßig Geheimhaltungsvereinbarungen geschlossen. Diese sind notwendig, um den Austausch von geheimen Informationen (Geschäftsgeheimnisse, Know-how, Erfindungen) zu regeln und die schriftliche oder mündliche Veröffentlichung neuheitsschädlicher Informationen zu verhindern. Grundsätzlich gilt für die Ausgestaltung dieser Verträge, das generelle Vertragsrecht und somit die Privatautonomie, um typische Vertragspunkte wie die Laufzeit des Vertrages, den Personenkreis und Ausnahmen (z.B. gesetzliche Offenbarungspflichten) zu regeln. Nicht zwingend sind dagegen Inhalte wie beispielsweise Vertragsstrafen, die auch in der Regel seitens der Hochschulen nicht akzeptiert werden.

Als eine weitere Vertragsart wurde ausführlich auf das Material Transfer Agreement (MTA) eingegangen. Es handelt sich hierbei um einen Vertrag, der den Austausch von Materialien zwecks Verwendung in der Wissenschaft oder zu Test- sowie Kooperationszwecken regelt und für welchen vorgefertigte Musterverträge zur Verfügung stehen. Insbesondere ist bei diesen Verträgen auf die Bestimmung der Vertragspartner zu achten, weil diese häufig unklar sind. Ebenfalls von Vorteil ist eine detaillierte Begriffsbestimmung des ausgetauschten Materials, um einen Missbrauch vorzubeugen.

Neben diesen ausführlich behandelten Vertragsarten wurde ebenfalls auf Lizenz- und Optionsverträge eingegangen, welche häufig in der Technologietransferpraxis vorkommen.

Dabei haben Optionsverträge die „Reservierung“ eines Vertragsgegenstandes zum Inhalt und können alleinstehend oder als Teil eines Kauf- oder Lizenzvertrages geschlossen werden.

Im Gegensatz zum Optionsvertrag wird durch den Lizenzvertrag dem Lizenznehmer ein definiertes Nutzungsrecht durch den Inhaber eines geschützten Rechts eingeräumt. Bei Abschluss eines solchen Vertrags sei auf die Parteibestimmung zu achten und insbesondere klarzustellen, wer überhaupt befugt ist zu lizensieren und den Vertrag zu unterzeichnen. Ebenfalls ein wichtiger Vertragsbestandteil in der Lizensierung ist die Vereinbarung einer Lizenzgebühr, die typischerweise durch Upfront/Downpayments, Meilensteinzahlungen, Umsatzlizenzen („royalties“) oder Mindestlizenzen, als wichtiger Schutz vor Untätigkeit der Unternehmen, umgesetzt werden kann. Überdies sei bezüglich der Beratung zu Lizenzverträgen das Steuerrecht zu beachten. So sei die Lizenzvergabe als Vermögensverwaltung steuerfrei, die Beratung und Herstellung, eingestuft als „Betrieb gewerblicher Art“ jedoch steuerpflichtig. Um zu vermeiden, dass auch die Lizenzeinnahmen steuerpflichtig werden, sollten der Lizenzvertrag sowie der Beratungs-/Herstellungsvertrag getrennt voneinander abgefasst werden. Als Alternative zum Lizenzvertrag kann ebenfalls ein Kaufvertrag geschlossen werden. Ein  Nachteil ist hierbei nur, dass der Käufer damit auch Rechtseigentümer wird und die Rechte damit ganz aus der Hand gegeben werden.

Zum Ende des Vortrags ging Dr. Jürgen Walkenhorst auf den EU-„Beihilferahmen“ für Forschung, Entwicklung und Innovation ein, welcher seine Grundlage in Art. 107 AEUV findet. Es handelt sich hierbei um einen Rahmen für Kooperationen von Unternehmen mit staatlich geförderten Forschungseinrichtungen, ohne dass eine Wettbewerbsverfälschung durch mittelbare Beihilfen entsteht.

Hiernach muss zwischen Auftragsforschung und Forschungskooperation unterschieden werden.

Eine Auftragsforschung im Sinne dieses Beihilferahmens liegt insbesondere vor, wenn die Forschungseinrichtung ein „angemessenes Entgelt“ erhält, der Auftraggeber die Konditionen festlegt, dieser in der Regel die Rechte erhält und damit auch das Risiko des Scheiterns des Projektes trägt. Falls eine Auftragsforschung zu bejahen ist, ist diese als EU-konform einzustufen, soweit sie entweder zum „Marktpreis“ durchgeführt wird oder zu einem Preis, „der sowohl sämtliche Kosten als auch eine angemessene Gewinnspanne enthält“. Konsequenz ist sodann, dass zu Vollkosten plus Gewinnzuschlag oder zum Marktpreis abgerechnet wird und damit die Vergütung für geistiges Eigentum frei verhandelbar ist.

Eine Zusammenarbeit bei der Forschung ist hingegen dann anzunehmen, soweit mindestens zwei Partner an der Konzeption und bei der Durchführung mitwirken und das Risiko sowie Ergebnisse geteilt werden. Eine solche Forschungszusammenarbeit ist ebenfalls EU-konform, wenn die beteiligten Unternehmen sämtliche Kosten des Projektes zahlen oder die Ergebnisse ohne IP publiziert werden können. Liegt keins von beiden vor, ist die Kooperation trotzdem EU-konform, soweit das an der Forschungseinrichtung generierte IP dieser selbst gehört oder die Forschungseinrichtung ein „marktübliches Entgelt“ für die Übertragung des IP aus diesem Projekt von den beteiligten Unternehmen erhält.  Konsequenz ist somit, dass zu Vollkosten abgerechnet oder eine „marktübliche Vergütung“ vereinbart wird. In diesem Bereich kann die Vergütung folglich nicht frei verhandelt werden, sondern muss im Sinne der Fußnote 29 des Beihilferahmens „marktüblich“ sein. Eine marktübliche Vergütung kann in diesem Zusammenhang kein vom Unternehmen aufgezwungener Fixbetrag sein. Sie sollte so bemessen sein, dass die Vollkosten sowie ein Gewinn erreichbar sind. Die Forschungseinrichtung muss somit bemüht sein, den bestmöglichen Preis in den Vertragsverhandlungen zu erzielen. Mögliche Konsequenzen die hieraus folgen sind z.B. Ausschreibungen, Dokumentation der Wertermittlung bzw. der Verhandlungsschritte und Öffnungsklauseln im Vertrag.

Zuletzt ging Dr. Jürgen Walkenhorst darauf ein, wie sich die Vollkosten sowie der Marktpreis berechnen lassen.  Vollkosten können demnach anhand der Projektkosten errechnet werden. Diese wiederum lassen sich aus den Gemeinkosten („Overhead“), direkten Personalkosten und direkten sonstigen Kosten zusammensetzen. Der Marktpreis hingegen wird entweder kostenorientiert, marktorientiert oder cash-flow-orientiert berechnet.

<media 41663>Präsentation</media>


Wiss. Mit. Caroline Nordholtz

Veranstaltungsdetails

28.11.2012, 18:00 Uhr - 20:00 Uhr
Zentrum für Gewerblichen Rechtsschutz, im Rahmen der DLS
Ort: Schloss Mickeln, Blauer Salon
Verantwortlichkeit: