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Werkstattgespräche: Patente als strategische Waffen in der chemischen Industrie

CIP Werkstattgespräche

Referent: Dr. Bernd Fabry, CRT – Intellectual Property, Cognis Deutschland GmbH & Co. KG, Düsseldorf
 

von Sascha Vander, Wiss. Mit.


Trotz des im Anschluss an den Vortrag von Herrn Dr. Fabry stattfinden EM-Vorrundenspiels zwischen Deutschland und Tschechien kam am 23. Juni 2004 im blauen Saal zu Schloss Mickeln ein interessierter Teilnehmerkreis zusammen. Dieser wurde mit einem sehr instruktiven und spannenden Vortrag zur Patentstrategie in der chemischen Industrie von Herrn Dr. Bernd Fabry, seines Zeichens verantwortlich für den IP-Bereich bei der Cognis Deutschland GmbH & Co. KG, belohnt.

Herrn Dr. Fabry gelang es, mit anschaulichen Beispielen und Untermauerung seiner Thesen durch empirische Erhebungen einen Einblick in ein Gebiet zu eröffnen, das sich nicht auf eine konkrete Fachrichtung reduzieren lässt, sondern vielmehr den Grenzbereich von Marketing, Research & Development und IP berührt. Der gelungene Vortrag wurde durch das Auditorium mit auffällig starkem Beifall honoriert.

1. Bedeutung des Patentschutzes
Der erste Teil des Vortrags legte die Bedeutung des Patentschutzes für die chemische Industrie offen, in der weniger Marken als vielmehr Patente eine entscheidende Rolle für den Erfolg eines Unternehmens spielen. Die zunehmende Bedeutung der Patente führte Herr Dr. Fabry neben ihrer Schutz- und Abwehrfunktion auf die zunehmende Handelbarkeit von Patenten und die Ausweitung von Lizenzierungen zurück. Zudem veranschaulichte der Vortragende die Werbewirksamkeit von Patenten sowie die erheblichen finanziellen Möglichkeiten bzw. Gefahren bei Patentverletzungen. Herr Dr. Fabry verdeutlichte, dass die Patentierung von Innovationen kein Selbstzweck sein dürfe, sondern stets die Kosten-Nutzen-Relation im Auge behalten werden müsse. Die Ermittlung dieser Relation stelle die Unternehmen regelmäßig vor erhebliche Schwierigkeiten, da insbesondere die Patentbewertung von sehr vielen Unwägbarkeiten abhängig sei.

2. Patentstrategie
Der zweite Teil des Vortrags bildete den Schwerpunkt der Ausführungen und legte einen Fokus auf die Patentstrategie. Hier unterschied Herr Dr. Fabry defensive und aggressive Strategien:

a) Defensive Strategien
Als defensive Strategien wurden sowohl das Einspruchsverfahren als auch die Lizenzierung genannt. Beide Strategien seien jedoch mit erheblichen Nachteilen verbunden. Das Einspruchsverfahren leide unter der langen Dauer, den nicht unerheblichen Kosten und den ungewissen Erfolgsaussichten. Die Lizenzierung sei grundsätzlich ein gangbarer Weg, hänge jedoch stets von der Kooperation Dritter ab.

b) Aggressive Strategien
In der Kategorie Aggressive Strategien wurde ein Schwerpunkt auf die Bereiche Basispatente, Patent Networks sowie Cross Licensing gelegt. Unter Basispatenten sind solche Patente zu verstehen, die durch kurze Anspruchsformulierung einen weiten Bereich abdecken und insoweit einen hohen Schutz garantieren. In diesem Zusammenhang betonte Herr Dr. Fabry, dass Patentanmeldungen so früh wie möglich anzustrengen seien, da gerade im Bereich der chemischen Industrie ein intensiver Innovationswettbewerb herrsche und es häufig um Wochen oder sogar nur wenige Tage gehe. Als Patent Networking ist die Gruppierung von Patenten um ein bestimmtes Produkt bzw. Verfahren zu verstehen. Im Wege der Absicherung eines Produkts bzw. Verfahrens durch Bündelpatente werde der Schutz deutlich erhöht, da es aus Sicht der Konkurrenz kaum möglich sei, sämtliche Schutzrechte zu beseitigen, so dass im Ergebnis ein hohes Schutzniveau für das betroffene Produkt bzw. Verfahren erreicht werde. Das Cross Licensing schließlich eröffnet in gewissem Umfang die Kooperation von Unternehmen mit unterschiedlichen Patent-Portfolios. Insoweit können wechselseitig benötigte Patente lizenziert werden, um die Produktpalette zu erhöhen bzw. den Markt abzuschotten. Als Grenze sei jedoch stets das Kartellrecht zu beachten. Als weitere Möglichkeit aggressiver Strategien wurde schließlich auf die Möglichkeit der Kombination unterschiedlicher Schutzrechte hingewiesen.

Im Ergebnis betonte Herr Dr. Fabry, dass in vielen Fällen möglicher Patentverletzungen eine streitige Entscheidung durch außergerichtliche Einigungen vermieden werde. Die Beteiligten seien regelmäßig an einer kurzfristigen Erledigung der Angelegenheit interessiert und nähmen überschaubare Zahlungen in Kauf, anstatt das Risiko und die Unwägbarkeiten eines langwierigen Prozesses mit der Gefahr immenser Schadensersatzforderungen einzugehen.

3. Finanzen
Der dritte und letzte Teil des Vortrags beschäftigte sich mit finanziellen Aspekten des Patentschutzes. In diesem Rahmen wurde erneut die Kosten-Nutzen-Relation von Patenten in den Vordergrund gestellt. Als Richtschnur gab Herr Dr. Fabry die Empfehlung an die Hand, dass die Erforderlichkeit eines Patentschutzes mit zunehmender potentieller Schadenshöhe und Schadenswahrscheinlichkeit zunehme. Neben dieser generellen Erwägung sei von entscheidender Bedeutung, in welchen Ländern ein Schutz zu beantragen sei. Hier gab Herr Dr. Fabry die Empfehlung, darauf zu achten, dass das Verhältnis zwischen dem Marktvolumen in einem bestimmten Territorium stets mit den Kosten für einen Patentschutz gewahrt sein müsse. Daneben wurde betont, dass stets sämtliche Möglichkeiten des Schutzes in Betracht zu ziehen seien (nationale Patente, internationale Patente), um die optimale Kosten-Nutzen-Relation erzielen zu können.

Der Vortragende warnte ausdrücklich vor „einsamen Entscheidungen“ und betonte, dass eine seriöse Entscheidung über einen Patentschutz nur in einem Team von Experten aus den Bereichen Marketing, Research & Development sowie IP getroffen werden dürfe.

Details

23.06.2004, 18:00 Uhr - 20:00 Uhr
Ort: Schloss Mickeln, Blauer Salon
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