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Werkstattgespräche: Aktuelle markenrechtliche Fragen der 1. Instanz

CIP Werkstattgespräche

Aktuelle markenrechtliche Fragen der 1. Instanz

Referentinnen: 
VRi‘inLG Dr. Susanne Fudickar, 
Ri‘inLG Kirstin Thelen, 
Ri‘in Carolin Kroll-Schlüter, 
2a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf

Während des letzten diesjährigen Werkstattgesprächs berichteten Mitglieder der 2a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf aus der Spruchpraxis. Berührt wurden verschiedene Fragestellungen des Prozess- sowie des materiellen Rechts, beginnend mit dem Recht des einstweiligen Rechtsschutzes.

Frau Dr. Fudickar ging in diesem Zusammenhang auf den Verfügungsgrund – einer besonderen Form des Rechtsschutzbedürfnisses für das Eilverfahren – in Markensachen ein und stellte anhand einiger Beispiele dar, in welchen Fällen dieser entweder verneint oder bejaht werden könne. Zu beachten sei etwa bei der Bestimmung der Dringlichkeitsfristen, dass sich die Zeitspanne zwischen Kenntniserlangung und Einreichung des Verfügungsantrages nach der Schwierigkeit sowie dem Umfang der Rechtssache richte, aber auch nach den Umständen des Einzelfalles. Obgleich keine Marktbeobachtungspflicht bestehe, könne der Verfügungsgrund bei grober Vernachlässigung der eigenen Interessen verneint werden. Hierzu zählte die Referentin u.a. die Inkaufnahme des Abverkaufs von Plagiaten, obwohl dies durch Leistung einer vertraglich vereinbarten Sicherheit hätte verhindert werden können. Ein Verfügungsgrund sei schließlich auch dann etwa zu verneinen, wenn ein Löschungsantrag oder eine Löschungsklage Aussicht auf Erfolg hätten. Zu bejahen sei der Verfügungsgrund hingegen z.B. bei der Verzögerung eines parallelen staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens.

Frau Kroll-Schlüter referierte sodann zum Thema der Unterlassungs- und/oder Löschungsansprüche bei der Nutzung von Domains. Sie führte zunächst in die Materie ein und ging hierbei kurz auf §§ 14, 15, 18 MarkenG sowie insbesondere die Anspruchsgrundlage des § 12 BGB ein. Besonders umkämpft seien dabei zwei- oder dreistellige Buchstabenfolgen, die dem Namensrecht dann unterfallen könnten, wenn sie keine konkret beschreibende Bedeutung als branchenübliche Abkürzung aufwiesen. Fälle der Namensanmaßung zeichneten sich dadurch aus, dass ein unbefugter Gebrauch des Namensrechts vorliege und dadurch eine Zuordnungsverwirrung entstehe sowie schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt würden. Im letzten Fall sei anhand einer Interessenabwägung zu ermitteln, ob dem Domaininhaber ein berechtigtes Interesse an der Verwendung der Domain zustehe.
An dieser Stelle ging die Referentin im Rahmen eines Exkurses auf das Recht der Gleichnamigen ein. Sie führte in den Themenkreis am Beispiel des Falles „vossius.de“ (undefinedBGH, Urt. v. 11.04.2002 – I ZR 317/99) ein und kam dann auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 19.04.2011 „vonspee.de“ zu sprechen. Das Oberlandesgericht habe hier – im Anschluss an das LG Düsseldorf – einen Löschungsanspruch bejaht, da dem beklagten Baustoffhandel kein schützenswertes Interesse an dem Zusatz „von“ Spee zustehe.
Frau Kroll-Schlüter befasste sich daraufhin weiter mit dem Merkmal der Verletzung schutzwürdiger Interessen und der vorzunehmenden Interessenabwägung. Ausgehend von der Rechtsprechung des BGH im Fall „mho.de“ (undefinedUrt. v. 09.09.2004 – I ZR 65/02) legte die Referentin den Grundsatz sowie die entsprechenden Ausnahmen dar. In der Regel könne der Nichtberechtigte nicht auf schützenswerte Belange verweisen, die im Rahmen der Interessenabwägung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wären. Anders sei dies aber z.B. dann, wenn die Domainregistrierung durch den Nichtberechtigten den ersten Schritt im Zuge der rechtlich unbedenklichen Aufnahme einer Nutzung als Unternehmenskennzeichen darstelle. Eine weitere Ausnahme könne in den Fällen anzunehmen sein, in denen die jeweilige Domain vor Entstehung des Namensschutzes des Berechtigten registriert worden sei (undefinedBGH, Urt. v. 24.04.2008 – I ZR 159/05 – afilias.de).
Hierzu habe das OLG Düsseldorf im Anschluss an das LG Düsseldorf mit seinem Urteil vom 12.04.2011 die Rückausnahme in einem Fall angenommen, in dem ein ehemaliger Beschäftigter für sich das Unternehmenskennzeichen der Klägerin als Domain vor dem Entstehen des Namensschutzes registriert habe. Denn er habe den Firmennamen in der Gründungsphase selbst vorgeschlagen und dadurch das berechtigte Vertrauen erzeugt, den Firmennamen nicht selbst als Domain zu registrieren bzw. künftig zu nutzen.
Daraufhin kam die Referentin auf die Besonderheit des Verzichts- und Löschungsanspruchs zu sprechen. Dieser komme nur dann in Betracht, wenn bereits in der Domainregistrierung eine Verletzung der schutzwürdigen Interessen zu bejahen sei. Dies sei bei Unternehmenskennzeichen eher die Ausnahme. Erforderlich sei, dass praktisch jede Verwendung der Domain für eine aktive Website eine Verletzung der Rechte des Berechtigten darstellen würde. Dies komme insbesondere bei Unternehmenskennzeichen mit einem überragenden Bekanntheitsgrad in Frage, bei den umkämpften zwei- bzw. dreistelligen Buchstabenfolgen hingegen in der Regel nicht. Dies gelte auch im Fall „WCF“, wobei die Referentin in diesem Zusammenhang auf ein anhängiges Berufungsverfahren hinwies.
Zum Schluss ging Frau Kroll-Schlüter kurz – unter Hinweis auf §§ 3, 4 Nr. 10 UWG – auf das Problem des Domaingrabbing ein. Im Grunde sei die Wahl eines Domainnamens frei und nicht rechtfertigungsbedürftig. Eigene Namens- und Kennzeichenrechte seien nicht erforderlich. Auch ein eigenes Nutzungsinteresse müsse nicht vorliegen; der Domainhandel sei grundsätzlich zulässig (undefinedBGH, Urt. v. 19.02.2009 – I ZR 135/06 – ahd.de). Eine unlautere Behinderung könne aber dann bejaht werden, wenn der Domainname nicht im Hinblick auf eine Vielzahl in Betracht kommender potentieller Interessenten auf Vorrat angemeldet wurde, sondern schon im Zeitpunkt der Registrierung die Veräußerung an einzelne, bestimmte Dritte naheliege. Dies sei bei zwei- bzw. dreistelligen Buchstabenfolgen jedoch in der Regel nicht der Fall.

Anschließend referierte Frau Thelen zur Darlegungs- und Beweislast beim Erschöpfungseinwand. Ausgehend von der nationalen Vorschrift des § 24 MarkenG formulierte die Referentin zwei, für ihre Ausführungen zentrale Fragen: erstens, wer darlegen müsse, ob und wie die Ware unter der entsprechenden Marke im Inland oder im EWR vom Markeninhaber in den Verkehr gebracht worden sei, und zweitens, ob es für die Darlegungslast von Unterschied sei, ob die Ware eine Fälschung darstelle oder es sich um Originalware handele. Sodann ging die Referentin auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf „Converse“ ein (undefinedUrt. v. 10.05.2011 – I-20 U 157/10). Die Klägerin und Inhaberin der Marke „ALL STAR“ habe die Auffassung vertreten, dass es sich bei der streitgegenständlichen Ware (Sportschuhe) um Fälschungen handele. Das beklagte Handelsunternehmen habe sich hingegen auf den Standpunkt gestellt, es handele sich um erschöpfte Originalware. Aufgrund einer Beweislastumkehr wegen des Vertriebssystems der Klägerin müsse diese zum erstmaligen Inverkehrbringen vortragen.
An dieser Stelle leitete die Referentin einen Exkurs zum Thema Beweislastumkehr nach der BGH-Rechtsprechung im Fall „stüssy II“ (undefinedUrt. v. 23.10.2003 – I ZR 193/97) sowie dem Urteil des EuGH in der Sache „Van Doren + Q“ (undefinedUrt. v. 08.04.2003 – C-244/00) ein. Danach müsse im Grundsatz der Beklagte die Erschöpfungsvoraussetzungen darlegen und beweisen. Eine Ausnahme sei aber durch die Erfordernisse des Schutzes des freien Warenverkehrs geboten, wenn die Beweislastregel dem Markeninhaber ermögliche, die nationalen Märkte abzuschotten. Im Fall „stüssy“ habe ein ausschließliches Vertriebssystem mit je einem Alleinvertriebsberechtigten pro Mitgliedstaat bestanden. Diese hätten sich verpflichtet, die Ware nicht an Zwischenhändler abzugeben. Der Beklagte habe daher vor dem Problem gestanden, seine Bezugsquelle aufgrund der Darlegungslast preiszugeben, so dass der Markeninhaber die Möglichkeit gehabt hätte diese zu „verstopfen“ und damit die nationalen Märkte abzuschotten. Daher wurde seitens der Rechtsprechung eine Beweislastumkehr bejaht, die sich laut Referentin in drei Schritten vollziehe: Im ersten Schritt müsse der Beklagte darlegen und beweisen, dass bei der Offenlegung der Lieferkette eine Marktabschottung durch das Vertriebssystem des Markeninhabers drohe. Im zweiten Schritt müsse wiederum der Markeninhaber darlegen und beweisen, dass er die Ware außerhalb des EWR in den Verkehr gebracht habe. Schließlich müsse der Beklagte im dritten Schritt darlegen und beweisen, dass der Markeninhaber dem Weitervertrieb innerhalb des EWR zugestimmt habe.
In dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall „Converse“ bestehe ein Vertriebssystem, wonach die Markeninhaberin mit Lizenznehmern für bestimmte europäische Länder zusammenarbeite. Eine Lizenznehmerin unterhalte ein Netz von Fachhändlern und liefere nur an diese. Zusätzlich habe sie in Fachzeitschriften erklärt, dass man sich mit Hilfe der Fachhändler von den „schwarzen Schafen“ abheben wolle. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf – im Anschluss an das LG Düsseldorf – sei die Beklagte hier mit Blick auf die Beweislastumkehr bereits auf der ersten Stufe gescheitert. Die Darlegungs- und Beweislast liege daher weiterhin bei der Beklagten; dies unabhängig davon, ob es sich um Fälschungen oder Originalware handele, da dies markenrechtlich keinen Unterschied mache. Die Beweislastumkehr greife nicht, weil die Beklagte nur dargetan habe, dass die Klägerin eine bestimmte Vertriebspraxis dulde, nicht aber diese verlange. Es reiche im Ergebnis also nicht aus, wenn der Markeninhaber faktisch eine Atmosphäre schaffe, in der einem Verkauf der Ware außerhalb des Vertragshändlersystems der Ruch des Illegalen anhafte. Für die Beweislastumkehr komme es darauf an, ob die Gefahr der Abschottung der nationalen Märkte durch die Offenbarung der Bezugsquelle drohe. Im Fall „Converse“ werde über den Verkauf über Fachhändler aber nur der Absatz außerhalb dieses Vertriebssystems erschwert. Frau Thelen bildete in diesem Zusammenhang das plakative Begriffspaar „Absatzabschottung statt Bezugsquellenverstopfung“. Ergänzend wies sie darauf hin, dass im Fall „Converse“ eine Absatzabschottung deswegen nicht vorliege, weil der Verkehr an das Nebeneinander von Vertragshändlern und sonstigen Anbietern gewöhnt sei. Zudem sei in diesem Zusammenhang ein Vortrag zu deutschen und europäischen Lizenznehmern erforderlich.
Das OLG Düsseldorf habe im Fall „Converse“ die Revision aufgrund einer entgegengesetzten Entscheidung des OLG Stuttgart (undefinedUrt. v. 04.03.2010 – 2 U 86/09) zugelassen. Der BGH habe ebenfalls die Revision in Bezug auf die Entscheidung des OLG Stuttgart zugelassen; ein Verhandlungstermin sei für den 21.12.2011 terminiert worden. In der Zwischenzeit habe das OLG Hamburg – wie das OLG Düsseldorf – die Beweislastumkehr verneint (Urt. v. 15.09.2011 – 3 U 154/10).
Im Endeffekt rechtfertige laut Frau Thelen eine Absatzabschottung keine Beweislastumkehr und auch bei selektiven Vertriebssystemen dürfe nicht stets automatisch eine Beweislastumkehr angenommen werden. Die Beweislastumkehr dürfe letztlich keine Vertriebssysteme strafen, die zulässig seien.

Frau Dr. Fudickar setzte den Vortrag zum Thema Prozesskostensicherheit fort. Hierbei ging sie auf die Vorschrift des § 110 ZPO und die jeweiligen Verfahrensschritte ein. Bei Verteidigung ergehe eine Entscheidung nach mündlicher Verhandlung bzw. im schriftlichen Verfahren, falls die Zustimmung beider Parteien vorliege. In der Folge sei die streitige Verhandlung in der Sache zu verlegen, was eine Zeitverzögerung für den Kläger nach sich ziehe. Bei Einverständnis beider Parteien bezüglich Grund und Höhe der zu leistenden Sicherheit könne hingegen eine Entscheidung im Beschlusswege ergehen. Dies sei mit einem Zeitgewinn für den Kläger verbunden.
Frau Kroll-Schlüter referierte sodann ebenfalls zu einem prozessualen Thema, und zwar der Frage der Anwendbarkeit des § 32 ZPO bei der negativen Feststellungsklage. Diese Frage werde vor allem bei Markenverletzungen im Internet relevant. Im Rahmen des § 32 ZPO sei es, so die Referentin, prinzipiell gleichgültig, welches prozessuale Interesse aus der unerlaubten Handlung hergeleitet werde. Allerdings habe das AG Mannheim (undefinedBeschl. v. 21.05.2008 – 9 C 142/08) entschieden, dass sich der Kläger einer negativen Feststellungsklage, der vermeintliche Schädiger, nicht auf § 32 ZPO berufen könne, weil die Vorschrift die Privilegierung des Geschädigten bezwecke. Der BGH habe unterdessen im Zusammenhang mit Art. 5 Nr. 3 EuGVVO ausgeführt, dass alle in Betracht kommenden Gerichtsstände als gleichermaßen sachnah anzusehen seien, so dass der potentielle Geschädigte eine Auswahlentscheidung des potentiellen Schädigers hinzunehmen habe (undefinedBeschl. v. 01.02.2011 – KZR 8/10 – Trägermaterial für Kartenformulare). Der BGH habe jedoch die Frage der Anwendbarkeit des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO auf negative Feststellungsklagen offengelassen (zu deren Bejahung er jedoch neige) und sie dem EuGH vorgelegt. Frau Kroll-Schlüter hielt abschließend fest, im Rahmen eines innerdeutschen Sachverhalts sei die Bejahung des § 32 ZPO bei negativen Feststellungsklagen zu bejahen, bei Fragen der internationalen Zuständigkeit müsse aber aufgrund der Vorlage an den EuGH eine etwaige Aussetzung des Verfahrens geprüft werden.

Im Anschluss beschäftigte sich Frau Thelen mit dem Thema der Kerngleichheit bei gefälschter und nicht erschöpfter Originalware. Die Frage, ob der Vertrieb gefälschter Ware und der Vertrieb von nicht erschöpfter Originalware kerngleiche Verletzungen darstellten, sei in verschiedenen Bereichen relevant, und zwar bei der Prüfung der Wiederholungsgefahr, im Zusammenhang mit einem Ordnungsmittelantrag, wenn die Möglichkeit der Erwirkung eines Ordnungsgeldes beurteilt werde, und letztlich bei der Antragsfassung.
Frau Thelen wies sodann auf eine Entscheidung des OLG Frankfurt hin (undefinedUrt. v. 11.03.2010 – 6 U 262/08), wonach zwischen dem Verkauf gefälschter Ware und demjenigen nicht erschöpfter Ware keine Kerngleichheit bestehe. Der gestellte Unterlassungsantrag sei laut OLG Frankfurt unzulässig verallgemeinert gewesen, denn er habe auch nicht erschöpfte Originalware erfasst. Das Gericht habe laut Frau Thelen im Wesentlichen zwei Argumente zur Verneinung der Kerngleichheit und damit der Wiederholungsgefahr angeführt. Zum einen ein sog. Verkehrsfähigkeitsargument, wonach nicht erschöpfte Originalware nur aufgrund einer vom Gesetzgeber getroffenen Entscheidung in der EU nicht verkehrsfähig sei, Fälschungen hingegen per se nicht verkehrsfähig seien. Zum anderen ein sog. Qualitätsargument, wonach nicht erschöpfte Originalware Originalqualität aufweise, wohingegen Fälschungen möglicherweise von verminderter Qualität seien.
Die Frage der Kerngleichheit zwischen dem Verkauf gefälschter Ware und solchem nicht erschöpfter Ware sei noch nicht höchstrichterlich entschieden. In der oben bereits genannten Entscheidung des OLG Düsseldorf „Converse“ habe dieses die Kerngleichheit im Rahmen eines Obiter Dictum im Grunde bejaht. Die Referentin stellte sodann die Voraussetzungen der Kerngleichheit nach der Rechtsprechung des BGH dar (undefinedUrt. v. 23.02.2006 – I ZR 272/02 – Markenparfümverkäufe; Urt. v. 22.02.1952 – I ZR 117/51). Für die Kerngleichheit könne angeführt werden, dass die Fälschung kein Tatbestandsmerkmal des § 14 MarkenG darstelle, sondern als ein Unterfall der Nichterschöpfung angesehen werden könne. Gegen das Verkehrsfähigkeitsargument des OLG Frankfurt könne angeführt werden, dass die Verkehrsunfähigkeit aufgrund gesetzgeberischer Wertung nicht weniger ins Gewicht falle; gegen das Qualitätsargument die Tatsache, dass Fälschungen nicht unbedingt eine schlechtere Qualität aufwiesen. Sie seien gerade oft nicht ohne weiteres von Originalware zu unterscheiden. Letztlich müsse aber eine etwaige Entscheidung des BGH in dieser Sache abgewartet werden.

Zum Abschluss referierte Frau Dr. Fudickar zu den TÜV-Entscheidungen des BGH (undefinedBeschl. v. 24.03.2011 – I ZR 108/09 – TÜV sowie undefinedUrt. v. 17.08.2011 – I ZR 108/09 – TÜV II). In der ersten Entscheidung habe der BGH festgehalten, dass die alternative Klagehäufung gegen das Gebot, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), verstoße. Der Kläger müsse die Reihenfolge der zu prüfenden Ansprüche bestimmen – was laut Referentin im Grunde der eventuellen Klagehäufung entspreche. In der zweiten Entscheidung habe der BGH klargestellt, dass der Kläger in der Revisionsinstanz von einer alternativen Klagehäufung nur zu einer eventuellen, nicht aber zu einer kumulativen Klagehäufung übergehen könne.
In der Folge stelle sich nun die Frage, ob bei fehlender Bestimmung der Prüfungsreihenfolge in der Klageschrift die Unzulässigkeit der Klage anzunehmen sei. In diesem Zusammenhang sei jedoch die Hinweispflicht des Gerichts zu beachten. Nach Einschätzung der Referentin werde die neue Rechtsprechung in den meisten Kennzeichenrechtsstreitigkeiten keine streitentscheidende Auswirkung haben. Relevanz könne sie jedoch in Fällen der unterschiedlichen Reichweite von Marke und geschäftlicher Bezeichnung haben sowie bei unterschiedlicher Beurteilung der Verwechslungsgefahr bei einer Wort- bzw. einer Wort-/Bildmarke. In Einzelfällen könne ein Rechtsschutzinteresse bezüglich der kumulativen Klagehäufung bestehen.
Weiterhin werfe die Rechtsprechung einige Fragen auf, etwa, ob ein gesonderter Streitgegenstand in Bezug auf verschiedene Waren angenommen werden könne, für die eine Marke geschützt sei. Weitere Fragen stellten sich im Hinblick auf die Kostenentscheidung, z.B. ob eine vollständige oder nur teilweise Kostentragung des Klägers anzunehmen sei, wenn nicht der Hauptanspruch, sondern erst der hilfsweise geltend gemachte Anspruch durchgreife.

In der anschließenden Diskussionsrunde erregten insbesondere die TÜV-Entscheidungen reges Interesse der überaus zahlreich erschienenen Zuhörerschaft. Die Fragen betrafen die Reichweite der Hilfsanträge sowie das prozessuale Verhalten im Zusammenhang mit der Antragsumstellung.

Die Werkstattgespräche werden im Januar des kommenden Jahres fortgesetzt.

Autor: Wiss.Mit. Bernadette Makoski, LL.M. (Gewerblicher Rechtsschutz)

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Details

16.11.2011, 18:00 Uhr - 20:00 Uhr
Ort: Schloss Mickeln, Blauer Salon
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