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Werkstattgespräche: Olanzapin - ein Schizophreniemittel mit Risiken und Nebenwirkungen für das patentrechtliche Trennungsprinzip

CIP Werkstattgespräche

Referent: Dr. Bernhard Arnold, Rechtsanwalt, Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, Düsseldorf

"Olanzapin - ein Schizophreniemittel mit Risiken und Nebenwirkungen für das patentrechtliche Trennungsprinzip"

Wiss. Mit. Christian Steigüber

 

Das Werkstattgespräch auf Schloss Mickeln vom 13.05.2009 hatte eine Reihe von patentrechtlichen Entscheidungen zum Gegenstand, in denen der pharmazeutische Wirkstoff mit dem internationalen Freinamen (INN) „Olanzapin“ im Mittelpunkt stand. Dieser Wirkstoff wird zur Behandlung von Schizophrenie und anderen Störungen des zentralen Nervensystems eingesetzt. Dr. Bernhard Arnold, Rechtsanwalt bei Freshfields Bruckhaus Deringer LLP in Düsseldorf und verschiedentlich an den vergangenen Verfahren beteiligt, titelte: „Olanzapin - ein Schizophreniemittel mit Risiken und Nebenwirkungen für das patentrechtliche Trennungsprinzip“.

Ausgangspunkt war eine Entscheidung des Bundespatentgerichts (BPatG) vom 04.06.2007, welches das Patent für „Olanzapin“ für nichtig erklärte, da es an der erforderlichen Neuheit mangele. Die Frage, ob der Wirkstoff auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, wurde somit gar nicht thematisiert. In Folge dieser Entscheidung drangen Generikahersteller auf den Martkt.

Trotzdem wollte der Inhaber des für nichtig erklärten Patentes gegen Generikahersteller aus dem Patent vorgehen. In einem ersten Verfügungsverfahren vor dem Landgericht (LG) Düsseldorf vom 22.11.2007 wurde der Antrag des Originalherstellers abgewiesen. Selbst wenn man doch eine Neuheit des Wirkstoffes feststellen könne, sei der Sachverhalt technisch zu komplex gewesen, um ohne technische Richter eine sachgerechte Bewertung in der Frage nach der erfinderischen Tätigkeit vornehmen zu können. Das patentrechtliche Trennungsprinzip sollte einer Verfügung in Ausnahmefällen nicht entgegenstehen, letztlich musste mit diesem Themenkomplex jedoch keine vertiefte Auseinandersetzung erfolgen.
Eine mündliche Verhandlung hatte das LG Düsseldorf gar nicht erst anberaumt.

Der Versuch des Originalherstellers am LG Hamburg vom 26.03.2008 eine Verfügung zu erwirken scheiterte ebenfalls. Aufgrund des Trennungsprinzips könne im Verletzungsverfahren nur eine Entscheidung getroffen werden, wenn die Nichtigkeitsentscheidung des BPatG zweifelsfrei falsch sei. Dem sei im vorliegenden Fall aber nicht so, da die Entscheidung zumindest vertretbar sei. Der Verfügungskläger nahm den Antrag schließlich zurück.

Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf erging dann am 29.05.2008 die angestrebte Verfügung für das nichtige Patent in der Berufungsinstanz (http://www.duesseldorfer-entscheidungen.de/?q=node/1798; GRUR-RR 2008, 329). Das Trennungsprinzip stellte nach Auffassung des Gerichts keine Hürde dar, da eine Ausnahme vom prinzipiellen Vorrang der erstinstanzlichen Nichtigkeitsentscheidung von Verfassungs wegen geboten sei, wenn die Nichtigerklärung evident unrichtig sei und das Verletzungsgericht diese Unrichtigkeit verlässlich erkennen könne, weil die technische Fragen zu beantworten seien, die von ihm auf der Grundlage ausreichender Erfahrung in der Beurteilung technischer und patentrechtlicher Sachverhalte abschließend beantwortet werden können. Desweiteren ging das OLG auch davon aus, dass „Olanzapin“ die erforderliche erfinderische Tätigkeit zugrunde liegt. 

Der Referent äußerte Zweifel, dass im vorliegenden Fall der Bestand des Patentes nach Überzeugung des Bundesgerichtshofes (BGH) mit Sicherheit prognostiziert werden konnte. Im Übrigen könne von einer „Rechtsverweigerung“ bei Nichterlass der Verfügung keine Rede sein. Der Patentinhaber wäre bei anderslautender Entscheidung keineswegs gravierend schlechter gestellt worden. Mit der Abweisung des Verfügungsantrags wäre nicht die endgültige Entscheidung über einen möglichen Schadensersatzanspruch gefällt worden. Der Antragsteller könne am Ende des Hauptsacheverfahrens seinen Schadensersatz wegen der Patentverletzung fordern und die dreifache Schadensberechnung für sich in Anspruch nehmen, während der Antragsgegner gegenwärtig lediglich auf einen Anspruch aus § 945 ZPO hoffen dürfe und dabei ausschließlich auf die schwierige Schadensberechnung des entgangenen Gewinns verwiesen sei.

Weitere Verfügungsverfahren vor dem LG, am 12.08.2008, und OLG Düsseldorf vom 22.08.2008 gegen andere Generikahersteller verliefen aus Sicht der Antragsstellerin erfolglos. Während das LG sich kein Urteil über die erfinderische Tätigkeit erlauben wollte, konnte das OLG keine Dringlichkeit der Sache feststellen.

Der BGH hat schließlich am 16.12.2008 mit der Bestätigung des Patents und der Aufhebung der Entscheidung des BPatG für eine Korrektur bezüglich der Durchbrechung des Trennungsprinzips gesorgt.

Gegenstand der anschließenden Diskussion mit der Zuhörerschaft waren u.a. die Auswirkungen des „Forumshoppings“ auf die Dringlichkeit des Verfügungsantrags und die verfahrensrechtliche Bedeutung des Trennungsprinzips. Im weiteren Verlauf des Werkstattgesprächs sollte der angemessene Grad der Absolutierung der Trennung von Nichtigkeits- und Verletzungsverfahren im Patentwesen im Vordergrund stehen. 

Der Ausgang des laufenden Hauptsacheverfahrens im Patentverletzungsstreit darf in jedem Fall mit Spannung erwartet werden.

Anhang: <media 29817>Präsentation</media>

Details

13.05.2009, 18:00 Uhr - 20:00 Uhr
Ort: Schloss Mickeln, Blauer Salon
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