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Werkstattgespräche: Rote Taube, lila Kuh - Patentrechtliche Betrachtungen zu modernen Züchtungsverfahren

CIP Werkstattgespräche

Referentin:  Frau Dr. Doris Walter, Deutsches Patent- und Markenamt, München

"Rote Taube, lila Kuh - Patentrechtliche Betrachtungen zu modernen Züchtungsverfahren"

Wiss. Mit. Christian Steigüber

Das erste Werkstattgespräch auf Schloss Mickeln im Sommersemester 2009 befasste sich mit einem hochaktuellen Thema. Dieses lautete "Rote Taube, lila Kuh - Patentrechtliche Betrachtungen zu modernen Züchtungsverfahren" und wurde von Frau Dr. Doris Walter vorgetragen, welche unter anderem mit der Leitung des Arbeitskreises Biotechnologie im deutschen Patent- und Markenamt betraut ist.

 Kaum ein Tag vergeht ohne neue Berichte über „grüne Gentechnik“ im Allgemeinen und „Smart Breeding“ im Besonderen (zuletzt ausführlich dazu auch die Süddeutsche Zeitung Nr. 91, 21. April 2009, S. 16). Dieses Streitthema gesellt sich in jüngster Zeit zur älteren Frage über die patentrechtliche Beurteilung der gentechnischen Veränderungen von Pflanzen und Tieren („transgene Lebewesen“) mit artfremden Erbgut, Stichwort „Genmais/MON 810“ und „Genkartoffel/Amflora“. Die markergestützte Züchtung oder Präzisionszüchtung („smart breeding“) durchsucht Pflanzen bzw. Tiere mit Hilfe eines DNA-Markers nach züchterisch vorteilhaften Genvarianten, so dass die gefundenen Exemplare gezielt zur Weiterzüchtung verwendet werden können. Im Gegensatz zu transgenen Pflanzen wird hier nur der vertikale Gentransfer beeinflusst. Patentrechtlicher Schutz wird schließlich in größerem Umfang für das Züchtungsverfahren als auch für die mit dem Verfahren gezüchteten vorteilbehafteten Pflanzen oder Tiere und deren Nachkommen gesucht.

 Die Patentierung dieser modernen Züchtungsverfahren wird nicht nur von Umweltschützern und erklärten Gegner der gewerblichen Schutzrechte kritisiert, sondern auch von Pflanzen- und Tierzüchtern sowie Bauernverbänden, die selbst – nämlich über Sortenschutzrechte sowie Landwirte- und Züchterprivilegien – in das System des gewerblichen Rechtsschutzes eingebunden sind. Derzeitiger Stein des Anstoßes ist das EU-Patent EP 1651777, das so genannte „Schweinepatent“, welches den patentrechtlichen Verfahrenschutz für die Identifikation eines Leptin-Rezeptor-Gens („Hunger-Hormon“) sucht. Dieses Gen soll für eine bessere Fleischqualität sorgen. Kritik aus den genannten Reihen deutet auf Systemverwerfungen hin, die es zu erkennen und zu korrigieren gilt.

Im Vortrag wurde – ausgehend von der bahnbrechenden Entscheidung „Rote Taube“ – erläutert, welche Rechtsinstitute und Rechtssätze die Chemiestoff- und Naturstoff- Rechtsprechung entwickelt hat, welche komplexen patentrechtlichen Strukturen dabei entstanden sind und was dies für Patentierungen im Bereich der belebten Natur bedeutet. Im Zentrum der Betrachtungen stand dabei der product-by-process-Anspruch, die Unterscheidung von Herstellungs- und Arbeitsverfahren und der Gegenstand einer Erfindung. Die Beurteilung dieser Fragen entscheidet nämlich, ob zum Beispiel das „Schweinepatent“ tatsächlich einen Schutz des hergestellten Produkts, hier des Schweins, bewirkt, oder ob nur das Identifikationsverfahren als solches erfasst ist.

Eine angeregte Diskussion im Anschluss an Frau Dr. Walters Ausführungen belegte die Dringlichkeit einer weitergehenden Diskussion der patentrechtlichen Fragen bezüglich dieses neuen Bereichs der Biotechnologie und ließ die Veranstaltung ausklingen.

Anhang: <media 29818>Präsentation</media>

Details

22.04.2009, 18:00 Uhr - 20:00 Uhr
Ort: Schloss Mickeln, Blauer Salon
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